Die Digitalisierung führt dazu, dass mobiles Arbeiten immer mehr an Bedeutung gewinnt und wir immer weniger Zeit im Büro verbringen. Gleichzeitig wird das Wohnen in den Städten immer teurer und Anforderungen an den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) steigen. Wie werden wir im Jahr 2040 arbeiten und wohnen? Welche Folgen ergeben sich für Immobilien und Immobilieninvestoren?
“Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, auch nicht die intelligenteste. Es ist diejenige, die sich am ehesten dem Wandel anpassen kann.” Dieser Ausspruch des berühmten britischen Naturforschers und Begründers der Evolutionstheorie Charles Darwin lässt sich ohne weiteres auch auf Städte übertragen. Arbeiten, Mobilität und Wohnen verändern sich und werden sich in den kommenden 20 Jahren weiter stark verändern. Eine erfolgreiche Stadt muss sich an die Auswirkungen dieser Megatrends anpassen. Welche Folgen ergeben sich daraus für unser alltägliches Leben in einer Metropole? Wie müssen Büro- und Wohnimmobilien – in denen Arbeiten und Leben ja stattfinden – im Jahr 2040 aussehen? Wie wird sich der dritte wichtige Faktor Mobilität – das Bindeglied zwischen Arbeiten und Wohnen – entwickeln?
Digitalisierung und mobiles Arbeiten haben ein natürliches Limit
Der Anteil der Arbeits- und Freizeitaktivitäten, die von zuhause aus digital erledigt werden können, wird in den kommenden 20 Jahren weiter zunehmen. Über Breitband-Internet via Satellit wird man künftig auch von der bayerischen Alm oder vom Strand aus große Teile der Arbeit abwickeln können. Allerdings gibt es eine natürliche Grenze: Fachleute schätzen, dass Arbeitnehmer in Dienstleistungsberufen mindestens 50 Prozent der Zeit im Büro präsent sein müssen. Niedriger dürfte der Anteil der Büro-Präsenz nicht werden, da der persönliche Austausch nicht vollständig ersetzt werden kann. Dieses Limit der Digitalisierung gilt auch für das Einkaufen oder kulturelle Ereignisse. Natürlich kann beispielsweise ein Sinfoniekonzert auch über Internet-Streaming gehört und gesehen werden. Dies wird jedoch nicht das Live-Erlebnis vor Ort ersetzen können.
89 % der Unternehmen werden 2020 einen mobilien Arbeitsplatz anbieten
Quelle: Critix Systems, Workplace of the Future: a global market research report, 2012
Büroimmobilien: Trend geht zu Co-Working-Spaces
Trotz dieser natürlichen Grenzen der Digitalisierung werden sich die Ansprüche an Büroflächen und damit die Nachfrage und Anforderungen an Büroimmobilien in den kommenden 20 Jahren weiter verändern. Ein wichtiger Trend wird der hin zu Co-Working-Spaces sein. Dies gilt vor allem für die Metropolen: In München zum Beispiel werden diese Büroflächen nicht alle zentral in der Innenstadt liegen, sondern polyzentrisch über die Stadt und das Umland verteilt sein. In der Praxis bedeutet dies beispielsweise, dass sich Mitarbeiter einer Forschungsgruppe, die entfernt voneinander arbeiten, gar nicht mehr zwingend in München treffen müssen, sondern in einem Co-Working-Space am Landshuter Hauptbahnhof oder an einem anderen dezentralen Knotenpunkt. Hier können sich an entsprechenden Knotenpunkten Investment-Chancen für Büro-Investoren auftun.
Mehr Mischnutzungen auf Immobilien- und auf Quartiersebene
Eine weitere Entwicklung ist die zunehmende Durchmischung der Stadtquartiere. Die engere Verbindung von Wohnen und Arbeiten führt zu mehr Mischnutzung auf Immobilien- und Quartiersebene. Sowohl bei Neuentwicklungen von Quartieren als auch bei Modernisierungsprojekten wird dieser Trend zunehmen. Immobilieninvestoren müssen sich darauf einstellen, Bürogebäude künftig kleinteiliger anzubieten oder sie im Verbund mit den Nutzungsarten Wohnen und Handel zu realisieren. Da der Trend auch zu kürzeren Büromietverträgen geht, ist die Wiedervermietbarkeit bzw. Drittverwendungsfähigkeit ein zentrales Kriterium. Zwar wird es auch künftig noch Single-Tenant-Objekte geben. Voraussetzung ist jedoch eine exzellente Lage und die Möglichkeit, die Büroimmobilie ohne sehr großen Aufwand kleinteiliger zu vermieten.
Größte Herausforderung ist Schaffung von bezahlbarem Wohnraum
Neben dem Arbeiten wird sich ebenfalls das Wohnen verändern – wenn vielleicht auch weniger stark. Viele Trends, die sich heute schon beobachten lassen, werden sich fortsetzen, beispielsweise die Zunahme von Einpersonenhaushalten in den Städten. Eine der Herausforderungen, die gerade in München besonders groß ist, ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum – insbesondere von 1- und 2-Zimmer-Wohnungen. Es wäre ein ausgesprochenes Negativ-Szenario, wenn sich nur noch Gutverdiener das Leben in der Stadt leisten könnten. Eine einseitige Bevölkerungsstruktur beeinträchtigt die Kreativität und die soziale und kulturelle Vielfalt. Dies kann sich unterm Strich als Standortnachteil erweisen.
Große Veränderungen in der Pkw-Flotte bis 2040
Neben den Lebensbereichen Wohnen und Arbeiten wird sich die Mobilität bis 2040 signifikant verändern. Es dürfte wohl in Metropolregionen hauptsächlich Elektroautos geben. Zwar wird noch nicht die ganze Pkw-Flotte autonom fahren, ein größerer Teil der Autos wird jedoch nicht mehr von einem Fahrer gesteuert. Im Vergleich zu heute wird der individuelle Pkw-Verkehr zahlenmäßig abnehmen. Städte wie Singapur zeigen, wohin die Entwicklung gehen kann: Um den Verkehr zu reduzieren, wurde das Autofahren in der asiatischen Metropole sehr stark verteuert. Hinzu kommt, dass die physische Mobilität an ihre Grenzen stößt. Dies zeigt sich neben dem Pkw-Verkehr auch im Schienenverkehr: Wenn man vier Stunden am Tag pendeln muss (wie beispielsweise in London), kann Homeoffice eine sinnvolle Alternative sein.
Der ÖPNV war, ist und bleibt immer das Backbone der urbanen Mobilität. Aber ein wesentlicher Teil der Lösung fährt auf der Straße: On-Demand Mobility Solutions.

Wichtigste Komponente der urbanen Mobilität ist der öffentliche Nahverkehr.
Für alle Metropolen gilt: Trotz dieser Grenzen ist und bleibt der öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) immer das Rückgrat der urbanen Mobilität. Hier gibt es in vielen Großstädten – auch in München – noch großen Handlungsbedarf: Der Schienenverkehr ist immer noch viel zu sehr auf das eine Zentrum ausgerichtet. Verkehrsprobleme entstehen gerade dadurch, dass tangentiale Strecken nicht mit dem ÖPNV zurückgelegt werden können. Daher wird aktuell beispielsweise in München mit den umliegenden Städten und Landkreisen eine forcierte Entwicklung von neuen Knotenpunkten und Unterzentren diskutiert. Zu diesen Unterzentren zählen u. a. Augsburg, Ingolstadt, Landshut, Rosenheim. Ein S-Bahnring (oder Nord- und Südring) ist in München seit Jahren in der Diskussion. Zusätzlich werden aber in größerem Abstand zur Stadt weitere Tangentialen benötigt. Chancen ergeben sich für Investoren an neu entstehenden Bahnhöfen oder neuen Schnittpunkten zwischen Fortbewegungsarten (intermodale Knotenpunkte). Weiter im Trend dürften wohl aber auch On-Demand Mobility-Lösungen, unter anderem in Form von Car-Sharing, liegen. Gerade Jüngere haben immer seltener einen eigenen Wagen, wollen aber bei Bedarf auf die Flexibilität nicht verzichten
Car-Sharing wird die Mobilität in deutschen Metropolen weiter verändern.
Marktdurchdringung von Car-Sharing in Deutschland bis 2040.
Wandel bietet Chancen und Risiken für Büroimmobilieninvestoren.
Die Veränderung von Wohnen, Arbeiten und Mobilität wird bis 2040 umfassend sein. Während im Wohnsegment eher die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum im Vordergrund steht, wird der Wandel der Mobilität von der technischen Weiterentwicklung des Autos getrieben. Im Bürosegment schließlich sind vor allem die Änderungen der Arbeitsgewohnheiten ausschlaggebend. Immobilieninvestoren müssen den Wandel in allen drei Segmenten beobachten und daraus für sich Chancen und Risiken ableiten.
Tieferen Einblick zu Wohnen und Arbeiten im Jahr 2040 liefert die Studie „DNA des Erfolges – Stadt der Zukunft 2040“.